Wenn Carmen Almon in ihr Anwesen in Bordeaux lädt, sind es nicht etwa die eindrucksvoll hohen Decken oder der romantische Stuck an den Wänden, die Besucher beeindrucken. Vielmehr sind es die filigranen Gewächse, die überall zu finden sind. Etwa Mohnblumen und Herbst-Anemonen, die auf ihrem Kaminsims aus weißem Marmor regelrecht empor zu wachsen scheinen – oder der Kirschblütenzweig auf einer Anrichte im Flur.
Carmen Almon züchtet ihre Blumen sebst. Jedoch nicht, wie normalerweise üblich, mit Schaufel, Dünger und Gartenhandschuhen. Nicht einmal Erde oder Wasser braucht sie. Nein, die französische Künstlerin haucht einer „Botanik“ aus glänzendem Kupfer, Metalldraht, Lack und Farben auf eindrucksvolle Weise Leben ein. In aufwändigster Handarbeit entstehen in Almons Atelier hyperrealistische Pflanzenskulpturen, die ihren Verwandten im angrenzenden Garten zum Verwechseln ähnlich sehen.
Erst durch die Berührung erschließt sich dem Betrachter die optische Täuschung, die auch dank zufällig platzierter Insekten wie Schmetterlingen, Käfern oder einer Heuschrecke nahezu perfekt gelingt. Klar, dass solch ausgefeilte Kreationen ihren Preis haben: Bis zu 40.000 Euro kosten private Sammler und Galerien in aller Welt die filigranen Kunstwerke.
Bevor sich Carmen Almon als künstlerisches Double von Mutter Natur probierte, nutzte sie Stift und Papier, um ihre Beobachtungen festzuhalten. Irgendwann tauschte sie dieses vertraute Werkzeug dann gegen scharfe Cutter, Zangen und Nagelscheren, mit denen sie Kupferdrähte und -platten in feines Wurzelgeflecht und hauchdünne Blütenblätter verwandelt.
Um alles so wirklichkeitsnah wie möglich nachzubilden, studiert Almon oft am blühenden Objekt. Ihren Arbeitsplatz im Studio tauscht sie dann schon mal gegen ein Feld oder eben den eigenen Garten. Bis zu drei Monate bastelt sie akribisch an einem neuen Stück. Heraus kommen Pflanzen und Blüten, die vermutlich auf den ersten Blick nicht mal ein Biene als fake erkennen würde.
Fotos: via carmenalmon.com