Für Andrea Karg ist die Kunst, vor allem die zeitgenössische, ein stetiger Quell der Inspiration. Im Designprozess wie im Leben. Einige ihrer liebsten Künstler haben wir in unserem Art Dept. bereits vorgestellt, diesmal haben es uns gleich drei visionäre Kreative aus China angetan.
Ihr Stil und ihre Vita könnten unterschiedlicher nicht sein, ihre Werke jedoch ergänzen sich zu einem wundervollen Dreiklang aus ausdrucksstarker Formensprache, poetischer Botschaft und reichlich „Wow“-Effekt. Alle drei waren kürzlich im Rahmen der Messe Art Paris zu sehen, am Stand der Galerie ifa aus Brüssel, die eine weitere Dependance in Schanghai unterhält. Gründer Alexis Kouzmine-Karavaïeff verbindet in seinem Repertoire große Namen aus China und Korea mit spannenden Talenten aus Europa. Und das auf nahezu allen Formaten: Malerei, Fotografie, Video, Installationen und Performances.
Das Thema der diesjährigen Werkschau der Galerie zur Art Paris 2016 waren grafische Parallelwelten, in die der Betrachter eingesogen und von ihren raffinierten Strukturen gelenkt wird. Neben drei koreanischen Künstlern – Ju Young Ban, der in Brooklyn lebt, sowie Yulim Song und Jinhwa Jung – fielen uns der Chinese Dai Guangyu ebenso ins Auge wie seine Landsmänner die Gao Brothers und die Litauerin Zane Mellupe. Sie zeigte gleich noch in Kunststoff gegossene kobaltblaue Strickmaschen und -nadeln. Wie passend für diesen Dreifach-Tipp des Allude Teams.
Dai Guangyu (geb. 1955) begann bereits mit fünf Jahren, chinesische Kalligraphie zu lernen. Statt sich jedoch später ganz der Tradition zu widmen, stürzte er sich kreativ ganz in die New-Wave-Bewegung der späten Achtziger Jahre und die Avantgarde-Szene der Provinz Sichuan. Später, in den 1990ern, entdeckte er den Körper als künstlerisches Medium. Seine Inszenierungen hinterfragten die soziale Ordnung seiner Heimat, ihre Ethik und die Machtverteilung zwischen Kultur und Kommerz.
Seit 2003, dem Jahr seines Umzuges nach Peking, verfeinert Dai Guangyu seine Palette aus Poesie, Symbolen und Codes. Sein Credo lautet: Alle festen Formen bestehen nur für den Moment, alle Umstände befinden sich in ständiger Transformation. Um das auszudrücken schöpft er aus dem reichen Erbe Chinas und vereint dessen Elemente mit der Skepsis und lauten Fantasie des Jetzt.
Zane Mellupe (geb. 1981) konzentriert sich seit sie 14 Jahre als ist auf den künstlerischen Kosmos der Fotografie. Sie denke fast ausschließlich in Bildern, sagte Mellupe einmal. Zuerst in Riga, später dann in London und heute in Schanghai. Als Motiv dient ihr in einer fortlaufenden Reihe sie selbst, in einer anderen stehen soziale Fragen im Fokus.
In beiden Fällen mischt sie verschiedene Techniken und arbeitet auf die dynamische Verschmelzung des Bildes mit dem abgebildeten Körper und Objekt hin. Wo beginnt das Foto, wo das Subjekt, wo werden sie eins? Andere Interessen sind die ganzheitliche Stadtentwicklung in ihrer Wahlheimat und intensive Rechercheprojekte innerhalb ihrer liebsten Disziplin, der Fotografie. Mehr über Mellupe auf ihrer Website.
Die Gao Brothers bestehen aus Gao Zhen und Gao Qiang (geb. 1956 und 1962), die wirklich Brüder sind und in Peking leben. Seit über 20 Jahren widmen sie sich in ihrer Arbeit dem Platz des Menschen innerhalb der Gesellschaft und die Grenzen unserer Verbrüderung, vor allem in China – aber nicht nur. Der Tod ihres Vaters durch das Mao-Regime und ihr eigener Protest auf dem Tian’anmen-Platz prägen diese künstlerische Mission deutlich.
Ihre Herangehensweise ist dabei vielfältig, das Duo nutzt Fotografie, Filme, Malerei, Bildhauerei und Performance. Auch als Kritiker und Kuratoren sind die zwei aktiv. Arbeiten der Gaos sind Teil der Sammlungen des MoMA in New York, des China National Museum, des Centre Pompidou in Paris und des Victoria and Albert Museum in London. Mehr über die zwei auf ihrer Website.
Fotos: IFA Gallery; Dai Guangyu; Zane Mellupe; Gao Brothers